Fortschreibung des Flächennutzungsplans für die Stadt Großbottwar

Veröffentlicht am 24.11.2015 in Ortsverein
 

Mögliches Gewerbegebiet Kellersrain, Blick nach Süden (Foto: Doris Daniel)

 

Schreiben des SPD-Ortsvereins und der SPD-Fraktion an Herrn Landrat Dr. Haas

                                                  Großbottwar, den 29. September 2015

An den

Landrat des Kreises Ludwigsburg

Dr. Rainer Haas

Landratsamt Ludwigsburg
Hindenburgstraße 40
71638 Ludwigsburg

 

  • Fortschreibung des Flächennutzungsplans der Stadt Großbottwar bezüglich  Standortplanung Gewerbegebiet „Östlich Autobahn A 81"
  • Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit § 3 Abs. 1 BauGB
  • Frühzeitige Beteiligung der Behörden § 4 Abs. 1 BauGB

 

Stellungnahme des Vorstands des SPD-Ortsvereins und der Fraktion zum Entwurf des Gewerbegebietes „Östlich Autobahn A 81“

Die Stadt Großbottwar plant als Kleinzentrum mit Oberstenfeld in ihrem Flächennutzungsplan einen Standort für die Erweiterung und Sicherung des örtlichen Gewerbes.

Die Region Stuttgart stuft die Bottwartalgemeinden Großbottwar und Oberstenfeld als gewerbliches Kleinzentrum ein und gesteht ihnen im gültigen Regionalplan Gewerbegebiete in der Größe von ca. 8 ha für die Eigenentwicklung zu. Das wollen die beiden Kommunen mit der Ausweisung eines Gewerbegebietes „Östlich der A 81“, vormals „Holzweilerhof“, realisieren.

Die Planung weist besonders in der Beurteilungsliste gravierende Mängel auf. So findet u. a. die Wasserfassung für den Eigenbedarf, der Frischluftkorridor für Großbottwar und die Sichtbeeinträchtigung von Wunnenstein und Köchersberg keine Berücksichtigung.

 

Die Unterzeichner bitten Sie deshalb, die Planungen in der Fortschreibung des FNP der Stadt Großbottwar besonders auf die unten genannten Bedenken zu überprüfen.

 

Die Mitglieder der SPD - Fraktion sowie der Vorstand des Ortsvereins der SPD haben folgende Einwände zu dieser Planung:

  1. Unzumutbare Eingriffe in das Landschaftsschutzgebiet

Das Landratsamt Ludwigsburg hat 1991 nach Rücksprache mit dem Ortschaftsrat Winzerhausen und dem Gemeinderat der Stadt Großbottwar beschlossen, das Gebiet „Kleine Bottwar und Seitentäler“ als Landschaftsschutzgebiet auszuweisen. Ziel war es, die Flächen in diesem Gebiet „langfristig gegen störende Eingriffe, die das Landschaftsbild nachteilig verändern würden“ zu schützen. „... das Ziel des neuen Landschaftsschutzgebietes ist es, die Landschaft nordwestlich von Großbottwar in ihrer Eigenart zu erhalten.“ Dabei soll der Charakter einer abwechslungsreichen Kulturlandschaft erhalten bleiben, sowie die Sicherung als Naherholungsgebiet gewährleistet werden.

Die Wälder Kälbling und Pfahlhofwald werden bereits durch die stark befahrenen Trassen der Autobahn wie auch der Landesstrasse L 1115 zerschnitten und damit erheblich belastet – ein Wildwechsel und damit genetischer Austausch von Wildtieren ist kaum mehr möglich.

Ein stark frequentiertes Gewerbegebiet, wird zu einer unzumutbaren Belastung in dieser Landschaft mit seinen vorhandenen Biotopen im Winzerhäuser Tal und führt das Landschaftsschutzgebiet „Südlich Holzweilerhof“ ad absurdum.

  1. Versorgung der Großbottwarer Bevölkerung mit Eigenwasser ist gefährdet

Zusätzlich erhält Großbottwar vor allem aus o.g. Wäldern sein Eigenwasser, was immerhin 2/3  der gesamten Wasserversorgung für die Einwohner von Großbottwar bedeutet.

Nun liegt das geplante Gewerbegebiet im Wasserschutzgebiet Zone 3. In diesem Gebiet gilt, gemäß der Verordnung des LRA zum Schutz des Grundwassers vom 15.11.2002: Es sind „Maßnahmen, die eine wesentliche Verminderung der Grundwasserneubildung zur Folge haben, insbesondere großflächige Versiegelungen, verboten“ (siehe § 7 Absatz 3).

Wenn überhaupt, dann nur mit aufwändigen Planungs- und Bauvorschriften ließe sich eine solche Schutzgebietsverordnung umgehen. Wir befürchten, durch eine großflächige Versiegelung wird weniger Wasser in unseren Quellen gefasst werden können. Damit bestünde für die Stadt Großbottwar eine Gefahr für ihre Eigenwasserversorgung, sie könnte ihre weitgehende Unabhängigkeit in der Versorgung ihrer Bürger verlieren und müsste mehr Fremdwasser zukaufen.

Unser Eigenwasser ist bereits heute ständig durch eine Kontaminierung mit gesundheitsgefährdenden Substanzen durch mögliche Havarien von Gefahrguttransporten auf der A 81 bedroht.

  1. Frischluftkorridor Winzerhäuser Tal ist gefährdet

Seine Zufuhr von Frischluft erhält das Bottwartal vor allem aus südwestlicher Richtung, vornehmlich über das Winzerhäuser Tal. Die natürliche Zufuhr von Frischluft und damit ein Luftaustausch wird durch eine Verriegelung mit Bauwerken im geplanten Gewerbegebiet stark eingeschränkt, wenn nicht sogar verhindert und würde die Gesundheit der Bevölkerung belasten.

  1. Einschränkungen des Erholungswertes, erhebliche Sichtbeeinträchtigung natürlicher Landmarken

Die Landschaft des Bottwartals, die sich jedem Besucher besonders eindrucksvoll von der     A 81 her erschließt, zeigt derzeit das Winzerhäuser Tal in seiner Gänze hinunter bis ins Bottwartal zum Lichtenberg und Harzberg; d.h. es besteht eine Sichtachse mit erheblichem Gefälle vom geplanten Gewerbegebiet „Östlich der Autobahn A 81“ zum Bottwartal hinunter.

Es ist bisher, und das sicherlich nicht ohne Grund, im Regionalplan als Grünzug ausgewiesen. Die Sicht auf das Tal und die Stadt, vermutlich sogar bis zur Burg Lichtenberg, wird nach einer Bebauung durch Hallen am Gewerbegebiet „Östlich der Autobahn A 81“ zukünftig beeinträchtigt. Die Kuppen von Wunnenstein und Köchersberg könnten ihre Bedeutung als Landmarken verlieren, da diese Weinberge nicht mehr in ihrer Gänze unverstellt erblickt werden können. Als möglicher Standort für Windräder war deren Sichtbarkeit über diesen Landmarken unter anderem deshalb ihr Ausschließungsgrund.

  1. Unzumutbare zusätzliche Belastung für die Anwohner

Bereits heute werden die Bürger der Ortschaft Winzerhausen sowie des Weilers Holzweilerhof durch Autoabgase, Lärm und nächtliche Lichtreflexe vor allem von der A 81 erheblich belastet. Zusätzliche Emissionen, die durch ein Gewerbegebiet mit durchgängigem  Betrieb entstünden, sind für sie unzumutbar. Planansätze von zusätzlichen Fahrbahntrassen an A 81 und L 1115 stehen ebenfalls im Raum und werden durch immer mehr zusätzlichen Gewerbegebieten an der A 81 immer wahrscheinlicher - damit werden sich die Belastungen durch den Verkehr, vor allem durch den Schwerlastverkehr, noch einmal erheblich erhöhen.

  1. Fehleinschätzungen zukünftiger Gewerbesteuereinnahmen

Großbottwar ist historisch eine gewerbesteuerschwache Gemeinde, nur ca. 7% der Gesamtsteuereinnahmen der Stadt sind Gewerbesteuereinnahmen;  für kommunale Investitionen ist die Stadt also vornehmlich auf die gesetzlichen Anteile aus Einkommensteuer und Schlüsselzuweisungen vom Land angewiesen. Bisher hat sich trotz zusätzlicher Ausweisung von Gewerbebauplätzen in den letzten Jahren (Gewerbegebiet „Flickenwiesen“) weder eine bedeutende Verbesserung bei der Gewerbesteuereinnahme, noch bei der Bereitstellung qualitativ hochwertiger Arbeitsplätze ergeben.

Im Gegenteil: Produzierendes Gewerbe mit guter Arbeit für die Bevölkerung ist in Großbottwar leider erheblich rückläufig, frühere große Arbeitgeber haben die Standorte ihrer Betriebe stillgelegt, verlagert oder sie gingen in die Insolvenz. Heute liegen diese Flächen zum größten Teil brach oder sie sind lediglich Lagerflächen für auswärtige Großbetriebe (ehemalige Betriebe: Laauser, Leder-Fischer, alter Standort Gmelich-Leder).

Für das ortsbezogene Gewerbe könnte durch verstärkte Reaktivierung brachliegender oder ungenutzter, bereits vorhandener Flächen mit ressourcenschonender und nachhaltiger Weiterentwicklung genügend Fläche nachgewiesen werden. Zusätzlich halten die Unterzeichner eine Erweiterung des Gewerbegebietes Kellersrain nach Nordosten für geeignet. Großbottwar muss überschaubare Kosten mit hoher Effizienz vereinen. Eine Vorhaltung neuer Gewerbegebiete, mit der Hoffnung damit hochwertige Arbeitsplätze für Großbottwarer Bürger und mehr Gewerbesteuer zu erhalten, ist spekulativ und damit für die Unterzeichner gegenüber den Bürgern von Großbottwar nicht vertretbar.

  1. Zusätzliche Kosten im Hochwasserschutz für Großbottwar

Großbottwar hat in jüngster Vergangenheit mit erheblichen Eigenmitteln Hochwasserrückhaltebecken gebaut, um  seine Bürger vor Überschwemmungen aus Regenereignissen zu schützen. Zu schweren Regenereignissen mit erheblichen Überschwemmungen im Stadtgebiet hat teilweise sicherlich auch die große Flächenversiegelung durch den Ausbau der A 81 beigetragen. Eine zusätzliche Versiegelung oberhalb Großbottwars kann zusätzliche Investitionen im Hochwasserschutz bedeuten, die vor allem die Bürger aus Großbottwar tragen müssten.

  1. Beeinträchtigung von Tourismus, Naherholung und Landwirtschaft

Unsere Landschaft ist von besonders hohem Erholungswert,  was wir vor allem durch regen Besuch aus Stuttgart und Umgebung an schönen Wochenenden feststellen, und ist damit für eine nachhaltige Entwicklung im touristischen Bereich von besonderer Bedeutung für die Stadt.

Die herrliche, unverstellte Landschaft mit hohem Freizeitwert, die sich jedem Besucher vor allem von der A 81 her erschließt, ist auch ein wichtiges Entscheidungskriterium für den Zuzug von Neubürgern. Eine maßvolle, behutsame Entwicklung der Baulandpolitik ist für den Erhalt dieser besonderen  Landschaft mit ihrem hohen Wohn- und Erholungswert von besonderer Bedeutung!

Die Anbaufläche für unsere Vollerwerbslandwirte  wird erheblich geschmälert. Mit zwei Biogasanlagen auf seiner Gemarkung trägt Großbottwar erheblich zur Versorgung mit regenerativer Energie bei. Da die Silage dafür vorwiegend auf der Gemarkung von Großbottwar angebaut wird und die anderen erforderlichen Komponenten als Abfallprodukte in örtlichen Betrieben entstehen, ist dabei die Nachhaltigkeit beider Betriebe beispielhaft. Da Großbottwar keine weiteren landwirtschaftlichen Flächen ausweisen kann, wären diese Betriebe auf zusätzliche Materialanlieferungen außerhalb des Bottwartals angewiesen. Für die Bevölkerung wäre das eine unzumutbare zusätzliche Verkehrsbelastung. Ein Identitätsverlust unserer Landschaft wäre der Preis für ein Gewerbegebiet an der Eingangspforte zum Bottwartal. Wir befürchten, gewerbliche Ansiedlungen an der A 81 sind erst der Anfang einer großräumigen  Flächenversiegelung am Holzweilerhof. Der Siedlungsdruck wird sich, wie viele Beispiele an der Autobahn beweisen, nach der Realisierung des Flächennutzungsplans eher verstärken. Die Nachbargemeinde Ilsfeld zeigt mit einer enormen  Flächenversiegelung gerade für Logistikbetriebe in jüngster Zeit in dieser Hinsicht ein warnendes, unrühmliches Beispiel.

Fazit:

Einem Landschaftsverbrauch in dieser topografisch ungünstigen Lage, um den interkommunalen Flächenbedarf für Großbottwar und Oberstenfeld zu bedienen, mit hohen ökonomischem wie ökologischem Risiko für die Stadt, können wir auf keinem Fall zustimmen.

Unterschriften liegen vor:

Für die Fraktion der SPD im Gemeinderat von Großbottwar und Ortschaftsrat von Winzerhausen:

Doris Daniel Stadträtin

Angelika Maier Stadträtin

Marlene Gerstberger Stadträtin und Mitglied im Ortschaftsrat

Sonja Hartmann Mitglied im Ortschaftsrat

 

Für den Vorstand des SPD-Ortsvereins:

Doris Daniel, Vorsitzende

Oliver Hartstang, 2. Vorsitzender

Ute Falkenberg, Schriftführerin

Willy Grießhaber, Kassier

Angelika Maier, Organisationsleiterin

Ursula Stürenburg, Revisorin

 

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